Die Zeichen der Zeit erkennen

Die kleine Ölmühle mitten in Walddorfhäslach soll abgerissen werden. Aus Bürgersicht völlig unverständlich, denn bei der historischen Ölmühle direkt gegenüber dem Schloss handelt es sich unseren Untersuchungen nach um eines der ältesten Gebäude im Ort.

Erbaut zwischen etwa 1690 bis 1750. Mit einer herausragenden Statik und auffällig dicken Eichebalken trotzt es bis heute Wind und Wetter. Es hat trotz jahrzehntelanger systematischer Verwahrlosung, wohl um einen Abbruch zu rechtfertigen, auch dem Hagelsturm 2013 getrotzt. Ein Gebäude wie ein älterer Baum oder eine starke menschliche Persönlichkeit: charaktervoll und kräftig. Mit einer einmaligen Architektur, den Krüppelwalmen am Dach und den dezenten profilierten Holzplattenverzierungen an den Giebeln, robust, nachhaltig erbaut mit hochwertigen regionalen Materialien. Sind das nicht Charaktereigenschaften, die wir doch heute im Bauen erstreben?

Wer Kulturgeschichte gerne bildhaft werden lässt, den lädt die Ölmühle zum Assoziieren ein: Die Eiche fürs Gebäude könnte im Schönbuch geschlagen, und mit Kräftigen Kaltblütern an den Ort gezogen worden sein. Die Mühle presste wohl auch Leinöl. Große Anbauflächen mit Blauen Blumen sind für das 19. Jhd. Rund um Pliezhausen nachweisbar. Ist das nicht eine schöne Vorstellung? Wäre auch die sanierte Ölmühle nicht eine Schönheit für Walddorfhäslach? Schönheit erhebt nämlich den Menschen. Die sanierte Ölmühle wäre ein städtebauliches Juwel für die Gemeinde, sie würde die neue moderne Ortsmitte-Bebauung veredeln. Das Gebäude könnte sehr einfach in die neue Planung mit Wohn- und Geschäftshäusern einbezogen werden. Alt und neu als einzigartiger Reiz in der neuen Ortsmitte-Architektur von Walddorfhäslach. Die kleine Ölmühle ist auch kostengünstig sanierbar, da die Grundfläche überschaubar ist. Dringend nötig wäre eine Dachsanierung, damit Verwitterungsprozesse gestoppt werden. Stattdessen hat die Gemeindeverwaltung Walddorfhäslach das Abbruchgesuch beim Landesdenkmalamt gestellt. Bis heute liegen aber keine sachlich objektiven Gründe vor, warum das Gebäude nicht erhalten werden sollte. Doch wir trauen der modernen Gemeinde Walddorfhäslach, mit ihrer wegweisenden Bürgermeisterin Frau Höflinger, dass sie den Wert von historischer Architektur erkennen mögen. Die Einzigartigkeit der Ölmühle, die die Geschichte des Orts wiedergibt. Die Ölmühle, die das Neue standhaft mit Tradition ergänzt. Die Ölmühle wäre also auch wichtig fürs Ortsmarketing.

Viele Menschen ahnen, wie wertvoll historische Gebäude für unsere Gesellschaft sind: Es sind Unikate, nachhaltig, »ökologisch« erbaut ohne Mineralöl-giftstoffhaltige Baumaterialien. In Metzingen wurde vor Jahren eines der ältesten Häuser der Stadt liebevoll saniert und zählt heute zu den Juwelen der Stadt. Es sollte auch abgerissen werden, weil die Stadtverwaltung noch kein Bewusstsein für die Wertigkeit von historischen Gebäuden besaß.

Wir bitten die Gemeindeverwaltung und die Gemeinderäte in Walddorfhäslach, die Zeichen der Zeit zu erkennen: In Zeiten, in denen Oldtimer, alte Häuser, sogar alte Fahrräder wieder liebevoll restauriert werden, ist doch auch die einzigartige Ölmühle sanierfähig. Sie soll städtebaulich in die neue Ortsmitte mit eingeplant werden. Nach Sanierung wäre das kleine Gebäude mit der langen Geschichte ein optischer Genuss und auch ein Marketing-Mittel für die Gemeinde. Die Ölmühle ist ein Walddorfer Unikat und wird nach der Sanierung die neue Ortsmitte unverwechselbar machen.

Catharina Kurtz, Altbaupflege – Interessenvereinigung für Altbauinstandsetzung, Denkmalpflege und Bauschäden, Kusterdingen

Quelle: http://www.gea.de [Stand 02.03.2017] mit freudlicher Genehmigung von Walter Meier

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