Ansiedlung der Deutschen in Galizien

Bei der 1. Teilung Polens 1772 kam Galizien an Österreich. Galizien war durch die ländliche deutsche und deutschrechtliche Kolonisation des Mittelalters bereits ein erschlossenes und für die damalige Zeit dicht besiedeltes Gebiet, so daß für eine neue bäuerliche Kolonisation größeren Ausmaßes keine ausreichenden Siedlungsflächen zur Verfügung standen. Die Regierung verfügte nur über die von den polnischen Königen übernommenen Starosteigüter, die Ländereien des 1773 aufgelösten Jesuitenordens und über die seit 1782 von Joseph II. eingezogenen Klöster.

Es sollte mehr als ein Jahrzehnt vergehen, bis das System der österreichischen Kolonisation hier seine Reifeform erreichte.

Kaiser Joseph II, Sohn Maria Theresias, hatte am 13.10.1781 ein „Toleranzpatent“ erlassen und am 21.09.1782 das „Ansiedlungspatent“, welches „eine gänzlich vollkommene Gewissens- und Religions-Freyheit“ zusicherte und somit auch evangelischen Personen die Ansiedlung im katholischen Staatsgebiet erlaubte. In den Jahren 1782–1785 zogen 3.216 deutsche Familien mit 14.669 Personen, hauptsächlich aus der Pfalz kommend, nach Galizien (Angabe nach den Wiener Ansiedlungslisten)

Unter Kaiser Franz II kam es zwischen 1802–1805 zu einer Nachkolonisation, in deren Ergebnis 629 Familien aus den deutschen Westgebieten und weitere 603 Familien aus österreichischen Gebieten in Galizien einwanderten.

Zwischen 1811-1848 fand eine Böhmer- und Egerländer Kolonisation statt mit ca. 400 Familien in 22 Stammdörfern in den Karpathen bzw. an deren Rand.

Die österreichische Ansiedlungsbehörde war bedacht, Kolonisten gleichen Glaubens möglichst in einer Siedlung anzusiedeln. Von den etwa 163 deutschen Orten in Galizien waren etwa 90 rein evangelisch, etwa 50 rein katholisch; die anderen Orte waren gemischt-konfessionelle Siedlungen.

Die geschlossenen Dörfer der deutschen Ansiedler wurden Kolonien genannt. Aber nur wenige der deutschen Dörfer bildeten eigene Gemeinden, die meisten sind an alte polnische oder ruthenische Dörfer angebaut worden. Wurden einzelne oder kleinere Gruppen von deutschen Familien mitten in bestehende slawische Ortschaften hineingesetzt, sprach man von Einsiedlungen.

Zeittafel:

1772Erste Teilung Polens. In deren Gefolge wurde Galizien der österreichischen Monarchie einverleibt. Österreich erhob auf dieses Gebiet Anspruch aufgrund eines früheren Besitzes Galiziens durch Ungarn und weil Maria Theresia Königin von Ungarn war.
1775wird die Bukowina von der Türkei an Österreich abgetreten und Galizien angegliedert.
1793Zweite Teilung Polens, an der sich Österreich nicht beteiligte.
1795Dritte Teilung Polens. Damit verschwand Polen (bis 1918) von der Landkarte.
1774Um die Regierbarkeit des neuen Landesteils sicherzustellen, erließ Maria Theresia ein Ansiedlungspatent für Galizien, das allerdings Bürgern die Niederlassung nur in wenigen Städten und nur „Professionisten“ gestattete. (Amts- und Schulsprache ist deutsch).
1781Ansiedlungspatent Joseph II. im Sinne der religiösen Toleranz, das auch die Ansiedlung bäuerlicher Protestanten erlaubte.
1782-1785erfolgte die „Josephinische Kolonisation“ auf ca. 165 Ortschaften in Galizien zerstreut, mit ca. 15.000 Eingewanderten, mehrheitlich aus der Pfalz.
1802-1805„Franzisceische Kolonisation“ mit 629 eingewanderten Familien und rd. 5.000 Personen.
1811-1848Böhmer- und Egerländer Kolonisation mit ca. 400 Familien in 22 Stammdörfern in den Karpathen bzw. an deren Rand.
1848Vollständige Befreiung der Bauern aus der Abhängigkeit von den Gutsbesitzern.
1848wird die Bukowina als eigenes österreichisches Kronland von Galizien abgetrennt.
1868Die Habsburger Monarchie gewährt Galizien die politische Selbstverwaltung.
1914I. Weltkrieg. Lemberg wird von russischen Truppen besetzt und von deutschen und österreichischen Truppen zurückerobert;
1918Ende des I. Weltkriegs. Ukrainische Streitkräfte besetzen Lemberg. In heftigen Kämpfen gelangt die Stadt in polnische Gewalt;
1919spricht die Pariser Friedenskonferenz Polen das Recht zu, Ostgalizien bis zur früheren österreichisch-russischen Grenze unter polnische Verwaltung zu nehmen.
1921Friedensschluß von Riga mit Festlegung der polnisch-sowjetischen Staatsgrenze.
193923.08. Hitler-Stalin-Pakt, in dem die deutsch-russische Interessensgrenze festgelegt wurde. 01.09. Beginn des II. Weltkriegs. 24.12. Beginn der Umsiedlung der deutschen Bevölkerung aus Ostgalizien, Wolhynien und dem Narewgebiet.
1940Ansiedlung eines Großteils der Deutschen im Warthegau
1945Flucht in den Westen, nachdem die sowjetische Armee die Weichsel überschritten hatte.

Quelle:

https://www.galizien-deutsche.de [Hier findet man viele weiter Infos zu Galizien und der Besiedelung durch die Deutschen.] [Stand 21.02.2023]