Erinnerungen an Wiesenberg
Anton Engel
Zeitweiser der Galiziendeutschen 1986
Die Kolonie Wiesenberg wurde 1781-86 gegründet. Die Ansiedler kamen aus der Pfalz (Mainz, Kreuznach, Trier, Saarland). Das Dorf wurde in einer Kreuzform angelegt mit 46 Häusern. Die Nr. 13 war für eine Schule gedacht, wurde aber später zum Gemeindehaus, welches man dann als Hirtenhaus und für Obdachlose benutzt hat. Die Häuser standen mit der Breitseite zur Gasse und hatten einen kleinen Vorgarten. An der Seite zum Garten die Stallung und dahinter parallel zum Haus die Scheune.
Die Häuser hatten 3-4 Räume und waren zum größten Teil mit Blech gedeckt. Angenehm fielen die ca. 40 m breiten Gassen und die weißgekalkten Häuser mit den Blumengärten ins Auge. Die Straßenseite war mit einem Lattenzaun abgegrenzt. Der Zugang mit einem Gartentürchen, innen im „Höfchen“ mit einem Zaun rechts und links abgegrenzt mit einer Bank auf jeder Seite. In der Mitte der Siedlung stand die katholische Kirche St. Michael, gleich nebenan Schule und Pfarrhaus. Auch das Deutsche Haus befand sich in unmittelbarer Nähe sowie die Ein- und Verkaufsgenossenschaft. Alles mitten im Zentrum.
In jeder Gasse stand ein Ziehbrunnen aus Beton von 2 m Durchmesser und bis 48 m tief. Der Friedhof lag am nördlichen Ende des Dorfes. Im Süden lagen über der Siedlung zwei Anhöhen, die Steinköpfe. Einer gehörte zu Wiesenberg und wurde zum Teil als Weide, aber auch als Sand- und Steinvorrat benutzt. Der andere gehörte zu Mierzwica und wurde von den Ukrainern als Weide benutzt. In den tieferen Lagen waren Wiesen mit von den Wiesenbergern angelegten Entwässerungsgräben.
In trauriger Erinnerung bleibt für uns alle, als 1939, kurz vor dem Zusammenbruch, ein polnisches Polizeiaufgebot in der Nacht das Dorf überfiel, die Menschen – gleich welchen Alters – aus den Häusern trieb und die Wohnungen verwüstete. Erst am nächsten Morgen, als die Häuser ausgeplündert waren, konnten die Menschen nach Hause gehen. Dass es nicht schlimmer kam, hatte Pfarrer Wi?niewski bewirkt, indem er mit aller Energie seine Gemeinde verteidigte.
Nachtrag: Nachdem in der Sowjetzeit die katholische Kirche verwüstet wurde und als Geräteschuppen diente, haben die ukrainischen Bewohner des Nachbarortes Merwitschi nach 1994 die Kirche schöner als vorher wieder aufgebaut. Im Jahre 2007 waren auf dem Gebiet des alten Wiesenberg nur noch wenige der deutschen Siedlungshäuser erhalten und bewohnt. Ein Teil der Häuser war durch Neubauten ganz anderer Art ersetzt worden.