Faszination Familienforschung

Oft stoße ich bei meinen Fragen im Familienkreis oder auch bei Unterhaltungen im Freundeskreis auf Unverständnis für mein Hobby. Ich sehe in den Gesichtern meiner Zuhörer oft diesen mitleidigen Blick, der mir sagt, das ist doch nicht mehr als das Sammeln von Daten aus alten, staubigen Kirchenbüchern und dazu noch von Personen, die seit Jahrhunderten verstorben sind und an die sich niemand mehr erinnert.

Familienforschung ist für mich jedoch keineswegs staubig und trocken. Es ist wieder auferstandene Geschichte. Ich sehe meinen x-fachen Urgroßvater vor mir, wie er auf dem Friedhof die Grube für die nächste Beerdigung aushebt, wenn ich im Kirchenbuch in seinem Sterbeintrag lese, dass er 33 Jahre lang Totengräber gewesen sei und über 1.500 Tote begraben hat.

Ich höre die Landsknechte heranstürmen, vernehme den Knall der Explosion, wenn ich lese, dass ein anderer x-facher Urgroßvater im 30jährigen Krieg auf einem Munitionstransport verletzt wurde und viele Wochen lang im Spital gelegen hat. Natürlich erfährt man nicht in jedem Kirchenbucheintrag etwas Spannendes zu seinem Vorfahren, aber es kommt hin und wieder vor. Weitere interessante Informationen liefern z.B. auch Ortschroniken.

Familienforschung ist nicht nur ein bloßes sammeln von Daten, es ist die aktive Beschäftigung mit der Geschichte im Allgemeinen und auch im Besonderen, wenn man den höchstmöglichen Bezug der geschichtlichen Ereignisse zur eigenen Familie herstellt. Da kann man schon noch einiges über seine Vorfahren herausfinden. Warum sind 8 der 10 Kinder sehr früh verstorben? Warum hat die Familie das Land verlassen um über den großen Teich in die neue Welt zu reisen? Mit ein bisschen Fantasie und der Auseinandersetzung mit der regionalen Geschichte gibt es da schon eine Menge zu erfahren.

Also liebe Mitbürger und Verwandte, seht uns Familienforscher nicht immer so verständnislos an. Niemand von uns erwartet, dass ihr mit uns in die gleiche Begeisterung verfallt. Helft uns doch einfach weiter, indem ihr auf unsere Fragen antwortet und alte Familiendokumente nicht wegwerft, sondern dem „verrückten“ Familienforscher in Eurer Familie überlasst. Freut Euch daran, dass sich jemand für die alten Familientraditionen interessiert.

Wenn Ihr Glück habt, könnt ihr dann in einigen Jahren ohne viel Aufwand, bequem auf dem Sofa sitzend die Ergebnisse in Buchform bewundern oder auf einer interessanten Internetseite stöbern. Spätestens dann freut auch ihr Euch z.B. über die alten Bilder von Opa Paul oder Tante Elisabeth.

In diesem Sinne – jedem Tierchen sein Pläsierchen.

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