Personenstandsgesetz
Das Personenstandsgesetz enthält eine bereichsspezifische Regelung zur Einsichtnahme in Unterlagen der Standesämter, die allgemeinen Vorschriften vorgeht.
Einsicht in die Personenstandsbücher, Durchsicht dieser Bücher und Erteilung von Personenstandsurkunden dürfen danach nur von Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit und von Personen vorgenommen werden, auf die sich der Eintrag bezieht, sowie von deren Ehegatten, Vorfahren und Abkömmlingen (Alle Nachkommen einer Person in gerader Linie. Zu den Abkömmlingen zählen somit Kinder, Enkel, Urenkel usw.).
Andere Personen haben nur ein Recht auf Einsicht in die beziehungsweise auf Durchsicht der Personenstandsbücher, wenn sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen können. Ein rechtliches Interesse liegt vor, wenn der Antragsteller mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darlegen kann, dass die Personenstandsdaten eines anderen zur Verfolgung oder zur Abwehr von Rechten erforderlich sind. Abzugrenzen ist das rechtliche Interesse vom berechtigten Interesse, das auch ideelle, soziale oder wirtschaftliche Interessen erfasst. Gerichte haben dementsprechend festgestellt, dass kein rechtliches Interesse vorliegt, wenn Auskünfte zu privaten Forschungszwecken benötigt werden.
Das Interesse an der Erforschung der eigenen Familie ist lediglich als „berechtigtes Interesse“ anzusehen und damit nicht ausreichend, um vom Standesamt z. B. Auskünfte über Seitenverwandte (Geschwister, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen usw.) zu erhalten.
Wenn der Betroffene verstorben ist, ist z. B. ein derart strenger Schutz nicht nötig. Ein unlängst von einer Bund-Länder-Kommission vorgelegter Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Personenstandsgesetzes sieht allerdings vor, dass ein „berechtigtes Interesse“ für die Erteilung von Auskünften und die Ausfertigung von Personenstandsurkunden ausreichend ist, wenn seit dem Tod des Betroffenen mindestens dreißig Jahre oder, falls dessen Todestag nicht bekannt ist, seit seiner Geburt mindestens einhundertzehn Jahre vergangen sind. Sollte dieser Entwurf Gesetzeskraft erlangen, dann wird es zukünftig möglich sein, von den Standesämtern auch Auskünfte über bereits verstorbene Seitenverwandte und andere Personen zu erhalten, soweit diese bereits verstorben sind. Bis zur tatsächlichen Umsetzung der in Aussicht genommenen gesetzlichen Neuregelung ist es allerdings ratsam, sich zur Ermittlung der eigenen Seitenverwandtschaft schriftliche Vollmachten von nach § 61 PStG antragsberechtigten Personen an die Hand geben zu lassen. Bei Vorlage einer entsprechenden Vollmacht kann der zuständige Standesbeamte die Ausstellung von Personenstandsurkunden nämlich nicht verweigern.
Bei der Regelung des Zugangs zu öffentlichen Archiven ist diesem bereits o.g. Rechtsgedanken Rechnung schon getragen worden. Öffentliche Archive dienen der Forschung und Bildung und ermöglichen der Öffentlichkeit die Auseinandersetzung mit Geschichte, Kultur und Politik. Zu diesem Zweck erhält jedermann Zugang zu öffentlichen Archiven unter bestimmten Bedingungen, wenn in Unterlagen Daten inzwischen Verstorbener vorhanden sind.
Nach den Landesarchivgesetzen darf personenbezogenes Archivgut in der Regel 10 Jahre nach dem Tod Betroffener oder – wenn das Todesdatum nicht bekannt oder nur mit unvertretbarem Aufwand feststellbar ist – 90 Jahre nach deren Geburt genutzt werden. Ist weder ein Todes- noch ein Geburtsdatum feststellbar, endet die Schutzfrist für personenbezogenes Archivgut 60 Jahre nach Entstehung der Unterlagen.
Werden Unterlagen der Verwaltung, die von erheblichem Interesse für die Familienforschung sind in ein öffentliches Archiv aufgenommen, besteht ein Einsichtsrecht nach dem Archivrecht, wenn die Schutzfristen abgelaufen sind. Die grundsätzlichen Voraussetzungen dafür hat der Bundesgesetzgeber jetzt durch die Novellierung des Personenstandsgesetzes geschaffen. Danach endet künftig die Pflicht zur Fortführung der Personenstandsregister nach Ablauf folgender Fristen:
- für Eheregister und Lebenspartnerschaftsregister 80 Jahre
- für Geburtenregister 110 Jahre und
- für Sterberegister 30 Jahre
Nach Ablauf dieser Fristen sind die Personenstandsregister beziehungsweise die Sammelakten den zuständigen öffentlichen Archiven anzubieten. Diese Änderungen verbessern die Zugangsvoraussetzungen für die Familienforschung, wenngleich die im Gesetz vorgesehenen Fristen großzügiger bemessen sind als die des Archivsrechts. Die geänderten Normen traten zum Jahresbeginn 2009 in Kraft.
Auf die vor dem 01.01.1876 geführten Zivilstandsregister findet § 61 PStG keine unmittelbare Anwendung. Für die Einsichtnahme in Zivilstandsregister und die Durchsicht dieser Bücher bedarf es nur eines „berechtigten Interesses“, so dass die Zivilstandsregister dem Familienforscher für Forschungszwecke praktisch uneingeschränkt zur Verfügung stehen.
§ 62 Personenstandsgesetz – Urkundenerteilung, Auskunft, Einsicht
(1) Personenstandsurkunden sind auf Antrag den Personen zu erteilen, auf die sich der Registereintrag bezieht, sowie deren Ehegatten, Lebenspartnern, Vorfahren und Abkömmlingen. Andere Personen haben ein Recht auf Erteilung von Personenstandsurkunden, wenn sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen; beim Geburtenregister oder Sterberegister reicht die Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses aus, wenn der Antrag von einem Geschwister des Kindes oder des Verstorbenen gestellt wird. Antragsbefugt sind über 16 Jahre alte Personen.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Auskunft aus einem und Einsicht in einen Registereintrag sowie Auskunft aus den und Einsicht in die Sammelakten.
(3) Vor Ablauf der für die Führung der Personenstandsregister festgelegten Fristen ist die Benutzung nach den Absätzen 1 und 2 bereits bei Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses zuzulassen, wenn seit dem Tod des zuletzt verstorbenen Beteiligten 30 Jahre vergangen sind; Beteiligte sind beim Geburtenregister die Eltern und das Kind, beim Eheregister die Ehegatten und beim Lebenspartnerschaftsregister die Lebenspartner.
>>siehe auch: Alles was Recht ist
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